Mittwoch, 2. Mai 2012

Dr. Watson, los gehts!

Liebe Lesratten,

zu meiner Schande muss ich gestehen: ich habe noch nie etwas von Arthur Conan Doyle gelesen. Keinen einzigen der Original-Sherlock-Holmes-Romane. Und trotzdem (oder vielleicht um so mehr?!) habe ich mich an Anthony Horowitz' Adaption gefreut: "Der neue Sherlock Holmes Roman . Das Geheimnis des weissen Bandes." Natürlich sprach mich dieses Buch schon allein optisch sehr an - der Insel-Verlag ist bekannt für kleine Schmuckbändchen. Der Roman kommt in einer Art gebundenem Leinen daher - weiße Schrift auf schwarzen Grund, mit stimmiger Typographie und weißem Lesebändchen (passend zum Titel). Das schmeichelt den Händen und macht das Lesen zusätzlich zum Erlebnis.



Doch kommen wir zum Inhalt: der Gallerist Mr. Carstairs sucht verzweifelt den berühmtesten Detektiv seiner Zeit auf. Er würde verfolgt werden und macht sich Sorgen um das Wohl seiner Familie. Sherlock Holmes schaut schnell hinter das allzu Offensichtliche und stellt Zusammenhänge her, die für die meisten Menschen nicht zu entdecken sind. Ich mag über die Story selbst gar nichts weiter verraten - zu viel Spaß machte mir das eigene Entdecken mit Holmes und Watson. Die Geschichte wird natürlich von Dr. Watson erzählt und liebevoll von einem Vor- und Nachwort umrahmt.



Leider kann ich keinen Vergleich mit den Originalen vorweisen. Doch was ich sagen kann: es hat mir unglaublich Spaß gemacht in vergangene Zeiten, in das neblige London und seine Unterwelt einzutauchen. Ich selbst war überrascht, dass an grausigen Details nicht gespart wurde. Doch für mich wertet das diesen Kriminalroman zusätzlich auf (ich hatte Vorurteile, dass die Geschichte vielleicht zu antiquiert daherkommen würde). Anthony Horowitz zieht den Stil bis zum Schluss und gewährt uns so weitere Einblicke in die Facetten eines wahren großen Romanhelden. Das ist Sherlock Holmes.


Empfehlenswert ist dieses Buch für alle Holmes-Neugierigen und für Krimileser, die auch historische Romane mögen. Mir macht es Lust auf die Original-Romane.

Herzlichst
Eure Luisa

Kinderdieb?!

Liebe Lesefreunde,

schon sehr lange schwirrte "Der Kinderdieb" von Brom in meinem Kopf herum, irgendwann wurde er mir einmal wärmsten empfohlen. Nun hatte ich ihn endlich daheim und trotzdem stand er noch eine ganze Weile unangetastet in meinem Regal ungelesener Bücher. Und dann, eines Tages, wie es so oft vor sich geht, stimmte einfach der Zeitpunkt und meine Hand griff nach diesem Buch.


Düster geht es hier einher: Kinder in äußerst misslicher Lage (Vernachlässigung durch die Eltern, Missbrauch,...) finden plötzlich einen Retter in der Not: ein drolliger Kerl mit spitzen Ohren und sommersprossig-stupsnasigem Gesicht zückt sein Messer für sie und kämpft an ihrer Seite. Sein Name ist Peter, und ist die Schlacht erstmal geschlagen, tut er alles, um mit den Kindern zu spielen. Und auch um diese am Ende des Tages in sein Reich zu locken: die Insel Avalon, umgeben vom mysteriösen und äußerst gefährlichen Nebel. Überlebt man die Reise dorthin, so beginnt erst der Kampf um Leben und Tod zwischen Pixies und Trollen, Fleischfressern und Barghests, Hexen und Elfen.



An der Seite der "verlorenen Kinder" irrt der Leser vom grausigen Alltag nach Avalon. Brom, selbst Illustrator, schreibt mit einer Detailverliebtheit, die den Leser einfach nur staunen lässt. Düster schlängelt sich Peter Pans "wahre Geschichte" in unsere Herzen, nur um danach scharf wie ein Messer zuzustoßen.  Ein fantastischer Abenteuer-Horror-Trip, den Brom genial ausgearbeitet hat - alles erscheint so stilsicher und glaubwürdig. Man glaubt einfach ganz plötzlich an die Existenz von Peter, von Avalon und steht am Ende auch irgendwie am Anfang. Denn dieses schaurige Abenteuer - davon wünsch ich mir zumindest mehr!

Absolute Leseempfehlung, auch für diejenigen, die der Fantasy sonst nicht so zugetan sind.

Eure Luisa

Sonntag, 15. April 2012

Betuliches Schweigen

Liebe Leseratten,

ich musste mal wieder zu einem grundsoliden Krimi greifen und mi fiel Petra Buschs "Schweig still, mein Kind" in die Hände. Eigentlich, ja, ich muss es gestehen, mag ich deutsche Krimischriftsteller gar nicht so gerne. Bis auf Herrn Patrick Fitzek ziere ich mich normalerweise, dazu zu greifen. Aber wenn man durch persönliche Empfehlungen neugierig gemacht wird, bin ich einem Versuch nicht abgeneigt. Und es hat gefallen, sehr gut sogar.




Die 500 Einwohner des Dorfs im tiefsten Schwarzwald sind bestürzt, als die Wanderführerautorin Hanna Brock auf einer ihrer Entdeckungstouren eine ehemalige Bewohnerin ermordet und zart gebettet auf weichen Moos entdeckt. Die Leiche war hochschwanger, die Schwester des Dorfbürgermeisters und wollte nach 10 Jahren der Abwesenheit ihrer Familie und dem Heimatdorf einen Besuch abstatten. Das Ungeborene wurde ihrem Leib entrissen. Hauptkommissar Ehrlinspiel wird aus der "großen Stadt" gerufen, um sich des Falls anzunehmen. Doch die zickige Zeugin Brock ist dabei sein kleinstes Problem. Das Dorf schweigt und ist alles andere als bereit, dem Kommissar bei der Aufklärung des Falls zu helfen.


Herrlich dieser Plot - das klassisch biedere Dorfidyll wirft Schattenseiten, zeigt Krallen und Zähne. Wie hab ich mich wohlgefühlt, mit Frau Brock und dem Kommissar die Natur zu ergründen und dabei die Tiefen der menschlichen Psyche. Gekonnt zeigt Petra Busch, dass die Mischung aus intelligentem Psychothriller, Familiengeschichte und Heimatschinken funktioniert - denn es gilt einen uralten Mythos aufzuspüren. Sie schreibt äußerst klug, niemals langatmig, verflechtet geschickt Charaktere, die einem im nächsten Dorf gerade selbst über den Weg gelaufen sein könnten. Und streicht das ganze an mit detailreichen Schilderungen der Dorfgegebenheiten. Man wird ein Teil des Ganzen und am Ende bleibt die spannende Frage: Wer war der Mörder und warum?

Mittwoch, 11. April 2012

Unter oder über der Erde?

Hallo liebe Leseverrückte!

Nach laaaanger Abwesenheit melde ich mich endlich zurück und freue mich über eine Vorstellung, die total gut zu meinem momentanen Lieblingsthema "Dystopien" passt: Ann Aguirres "Die Enklave".



Zwei lebt in einer unterirdischen Enklave - festgelegte Regeln, klare Hierarchien, dunkle Tunnel und nacktes Überleben. Erst als sie den Krieger Bleich an ihre Seite gestellt bekommt, fängt Zwei an über den Tellerrand zu schauen und zu hinterfragen. Ist das Leben wirklich nur im Untergrund möglich?

Tief bin ich eingetaucht in Zweis Enklave, ihre Prinzipien, ihrem Weltbild und den Alltag. Bin durch dunkle Gänge mit ihr gerannt, habe ihren Partner Bleich kennengelernt, mit ihr Rituale durchlitten, an ihrer Seite gekämpft und alles aufgegeben, was ich bisher kannte.



Doch worin unterscheidet sich diese x-te, düstere Zukunftsvision von anderen? Dieser intensive Trip bietet ein gut durchdachtes Konzept, actionreiche Spannung und vielschichtige Charaktere. Zudem ist er sprachlich gut geschrieben und ich finde hier besonders interessant, dass ein großer Teil der Story im Untergrund spielt. Und trotzdem werden auch die Spekulationen/Geheimnisse des "überirdischen Lebens" aufgedeckt. Sicher wird auch hier das ein oder andere Klichee bedient, trotzdem fand ich als geübte Leserin dieses Genres nichts vorhersehbar und war von den überraschenden Wendungen gefesselt. Die Charaktere sind mir ans Herz gewachsen. Und jetzt hoffe ich innerlich auf eine Fortsetzung. :)

Eure Luisa

Sonntag, 11. Dezember 2011

Märchen, die wahr werden

Liebe Mitleser,

unlängst musste ich mir auf den letzten Seiten dieses Buches ein paar kleine Tränen aus den Augenwinkeln wischen - so sehr berührt diese Geschichte. Ich lese gern und viel im Bereich Jugendbuch, muss aber sagen, dass Antonia Michaelis "Märchenerzähler" schon ziemlich harter Tobak ist für diese Altersgruppe und würde es frühestens (!) ab 16 Jahren empfehlen.



Zur Geschichte:
Anna wächst ganz behütet auf, mit Mutter und Vater in einem Haus, gute Noten auf dem Gymnasium, Freunde, die sie durchs Leben begleiten. Sie ist eine Träumerin, die still und nachdenklich ist. Als ihr Abel begegnet fühlt sich sofort angezogen, von dem der anders ist: ein Aussenseiter in alten Klamotten, der angeblich Drogen auf dem Schulhof verkauft und immer abseits steht. Er ist auch ein stiller Nachdenklicher - und das verbindet beide sofort. Doch Abel hat ein Geheimnis, welches er mit seiner kleinen Schwester Micha teilt. Ein Geheimnis verwoben in eine Geschichte, die Abel jeden Tag ein Stückchen weitererzählt. Anna gerät in diesen Sog der Geschichte, und ganz ganz langsam kommt die Wahrheit ans Licht.



Die Autorin erzählt sehr zart diese Liebes- und Lebensgeschichte und bettet alle grausigen Details in eine schöne Sprache, führt behutsam an die Situationen heran. Und dabei sind es immer Abels Geschichten, die uns eigentlich mehr verraten, als wir wissen wollen und trotzdem trösten. Und es ist immer die beschriebene Realität, die sowohl die Protagonisten als auch die Leser böse erwachen lässt. Dieses Buch ist einzigartig und irgendwie auch ein richtiger Krimi, der ab der ersten Seite spannend beginnt und letztendlich..... aber nein, ich mag überhaupt nichts verraten. Denn das sollte jeder einmal gelesen haben.
Ein Buch, dass nachklingt, nachdenklich stimmt, Sichtweisen verändert und sicher auch Tränen kostet.

Bis zum nächsten Schmöcker!
Eure Luisa

Mittwoch, 30. November 2011

Tote Augen

Hallo ihr lieben Lesenden,

puh, seit langem habe ich mal wieder einen "klassischen Thriller" gelesen und bin im wahrsten Sinne des Wortes total von den Socken. Als Neuerscheinung hat mich Karin Slaughters "Tote Augen" eigentlich gar nicht so wirklich interessiert - ich hatte vor einiger Zeit "Belladonna" gelesen und fand es eher so "naja". Aber dann wurde es mir nochmal empfohlen und ich gab mir einen Ruck. Und siehe da - ich will mehr! :)



Wer Karin Slaughter kennt, weiß, dass sich einige ihrer Bücher um Sara Linton drehen. Hier gibt es endlich Lesefutter für Linton-Fans, auch wenn sie nur eine "wichtige Nebenrolle" spielt. Denn im Mittelpunkt stehen das Ermittlerteam aus Will und Faith die gegensätzlicher kaum sein könnten. Er ein zerknitterter, anzugtragender, stiller Außenseiter. Sie eine quirlige und unglaublich toughe Ermittlerin. Als auf einem Highway schier aus dem Nichts auftauchende Frau überfahren wird, überschlagen sich die Ereignisse: wer ist diese Frau, völlig blind und mit fehlender Rippe, gefoltert und nicht vernehmungsfähig? Plötzlich verschwinden weitere Frauen. Und als Will eine unterirdische Folterhöhle entdeckt ist schnell klar, das da jemand mit System mordet.



Ich bin nach wie vor überrascht, wie gut mir "Tote Augen" gefallen hat - ich bin erprobter Krimi- und Thriller-Leser und lege meist 08/15-Bücher dieses Genres schnell zur Seite. Karin Slaughter hat es geschafft, die Charakter hervorragend auszuarbeiten, hat ihnen Tiefe verliehen jenseits von Klischees. Auch de Handlung war für mich nicht vorhersehbar und mir stockte der Atem von der ersten bis zur letzten Seite. Ich weiß jedoch, dass nicht alle Bücher von Karin Slaughter diese Qualität aufweisen. Wer einen richtig richtig guten Thriller sucht, dem ist mit "Tote Augen" bestens gediehnt. Dieses Buch hält was es verspricht. Und ist deswegen von mir eine absolute Empfehlung, sogar als gebundenes Buch.

Spannungsgeladene Grüße
Eure Luisa

Montag, 28. November 2011

Bei Sonnenuntergang wirds unheimlich

Liebe Leseratten,

wie ihr wisst, bin ich ab und an begeisterte Stephen-King-Leserin und musste mal wieder eines der vorrätigen ungelesenen Bücher von ihm aus meinem Regal ziehen. Denn ich war mir sicher: das werden schaurig-schöne Stunden auf dem Sofa zu dieser verregneten Jahreszeit. (je gruseliger desto wohliger fühle ich mich :D) Und ich wurde nicht enttäuscht.



Bei Stephen Kings "Sunset" handelt es sich um eine Kurzgeschichtensammlung, es sind exakt 13 Stories. Die Besonderheit an diesem Buch: King schreibt ja für gewöhnlich häufig zu seinen Kurzgeschichten ein Vorwort, hier gibt es allerdings auch ein Nachwort mit Anmerkungen zu jeder einzelnen Geschichte. Ein Schmankerl - denn natürlich bin auch ich neugierig, wie der Autor auf solche Ideen kommt, was ihn treibt und berührt.

Die Stories selbst sind von unterschiedlicher Qualität, aber ich konnte jeder einzelnen etwas abgewinnen und hatte das Buch trotz hoher Seitenzahl recht schnell ausgelesen. Über den Inhalt selbst will ich nicht zu viel verraten, denn wie es bei Short Stories so üblich ist, erfährt man meist erst mittendrin worum es überhaupt geht. Es wird erzählt von dem Leben nach dem Tod, wie man Rivalitäten beilegt, von verrückten Mördern, gruseligen Fitnessgeräten, Süchten, unheimlichen Haustieren und auch dem 11. September. Mir hat es kurzweilige Unterhaltung geboten. Einige Stories klingen lange nach, bleiben im Kopf und bewegen das ein oder andere. Als meine persönlichen Glanzstücke würde ich direkt die ersten zwei Geschichten bezeichnen: "Willa" kam leise angeschlichen, und hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Die Szenerie bekomme ich nicht mehr aus dem Kopf. "Das Pfefferkuchen-Mädchen" ist (im Gegensatz zu "Der Hometrainer") eine grauenvolle Art, jemanden zum täglichen Sport zu animieren, aber die Eindringlichkeit und der Kampf ums Überleben finden hier eine Geschichte, die originell und reell wirkt.

Fröhliches Wälzerschmökern!
Eure Luisa